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Deutschland „Wie die Heringe“

Schüler müssen sich weiterhin in Schulbusse zwängen

Schülerbeförderung in Niedersachsen Schülerbeförderung in Niedersachsen
Schüler steigen nach Schulschluss in Hannover in einen Bus: Vielerorts sind die Busse morgens sehr voll
Quelle: dpa/Swen Pförtner
Eltern und Busunternehmen kritisieren in mehreren Bundesländern, dass Schüler auch in Pandemie-Zeiten dicht gedrängt in Bussen zur Schule gebracht werden. „Ölsardinenfahrt“ nennt es eine Elternvertreterin aus Schleswig-Holstein.

In der Schule gelten oft strenge Corona-Maßnahmen: Maske auf, heißt es mindestens auf den Fluren, die Schüler sollen zudem möglichst in ihren Klassenverbänden bleiben. Doch was ist mit dem Schulweg? Dort stehen in vielen Bussen die Schüler dicht gedrängt.

Das kritisiert zum Beispiel Claudia Pick, Vorsitzende des Landeselternbeirats der Gymnasien in Schleswig-Holstein. „Die enge Ölsardinenfahrt in den Schulbussen passt nicht zu den strikt getrennten Schülergruppen auf den Schulhöfen“, sagt sie dem „Spiegel“.

Dies kritisiert auch der Omnibusverband Nord. Sein Geschäftsführer Joachim Schack sagte, es sei widersprüchlich, einerseits dem Schulunterricht höchste Priorität einzuräumen, andererseits aber die Möglichkeit, mehr Busse für Schülertransporte zu buchen, nicht zu nutzen.

Was, wenn einer das Virus hat?

Sollte in einem Bus ein Superspreader das Coronavirus verbreiten, könnten gleich mehrere Schulen davon betroffen sein. Die Maskenpflicht in den Bussen allein sei keine Garantie, dass es nicht zu Infektionen kommen könne. Schack regte an, dass die Schulanfangszeiten gestaffelt, also entzerrt werden sollten, um die Schüler-Bustransporte sicherer zu machen.

Ein ähnliches Problem gibt es auch in Rheinland-Pfalz. „Die stehen wirklich wie die Heringe“, sagte Landeselternsprecher Reiner Schladweiler der Deutschen Presse-Agentur. „Ich habe gehört, dass Kinder bis an die Scheibe gedrückt standen.“ Täglich bekomme er zwölf bis 15 Beschwerden wegen der Busse.

Auch die Schüler sehen die Probleme. Es komme vor, dass manche nicht mehr in den Bus passten und von den Eltern abgeholt werden müssten, sagte Jonah Simon von der Landesvertretung der Schülerinnen und Schüler. Zudem trügen viele Schüler im Bus keine Mund-Nasen-Bedeckung.

In Hessen zeigte sich der Landeselternbeirat ebenfalls besorgt wegen überfüllter Busse und Bahnen auf den Schulwegen. „Das ist eine Katastrophe“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Landeselternbeirats Hessen, Korhan Ekinci.

Viele Kommunen verweisen nach seinen Worten darauf, dass ihnen das Geld für den Einsatz von mehr Bussen fehle. Dieses Argument will Ekinci nicht gelten lassen. „Als die Banken in Schieflage waren, wurden sie gerettet“, sagte er. Hier aber gehe es um die Gesundheit der Kinder. Covid-19-Infektionen an mittlerweile zahlreichen Schulen bis hin zur Schließung ganzer Schulen machten deutlich, dass die „Einschläge“ immer näher kämen, so Ekinci.

Einige Länder stellen mehr Busse bereit

In Rheinland-Pfalz werden nun 200 zusätzliche Busse zur Verfügung gestellt. Insgesamt hat das Land in der vergangenen Woche 250 Fahrzeuge als Nothilfe angekündigt.

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Über eine Bus-Börse sollen dafür ungenutzte Reisebusse genutzt werden. Das Land übernimmt 90 Prozent der Kosten für die zusätzlichen Busse. Einige Lokalpolitiker befürchteten allerdings schon, dass die Anzahl der zusätzlichen Busse nicht reichen werde. Kritisiert wurde vielerorts auch, dass die Sommerferien nicht für eine vernünftige Organisation genutzt wurden.

Auch im Saarland sollen nach Angaben der Landesregierung rund 100 zusätzliche Busse zur Schülerbeförderung eingesetzt werden, um die Ansteckungsgefahr mit Corona in voll besetzten Bussen zu minimieren.

Die Stadt Hanau hatte angekündigt, ab sofort mit mehr Bussen den morgendlichen Schülerverkehr auf den am stärksten genutzten Linien zu verstärken. Den kurzfristigen zusätzlichen Busfahrereinsatz ermöglichten Mitarbeiter aus der Verwaltung des Verkehrsanbieters Hanauer Straßenbahn. Hanau hatte in den vergangenen Tagen die Schwelle von 50 Neuinfizierten je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen deutlich überschritten.

Kinderärzteverband will Maskenpflicht für Lehrer im Unterricht

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, hat sich für eine Maskenpflicht für Lehrer auch im Klassenzimmer ausgesprochen. Lehrer könnten sonst schnell zu Superspreadern werden.

Quelle: WELT

coh/dpa

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