In Berlin verzögert sich der Beginn einer Demonstration gegen die Corona-Politik, weil die Mindestabstände nicht eingehalten werden. Bis zum Mittag versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 18.000 Menschen in Berlin-Mitte. Die Demonstration hätte um elf Uhr beginnen sollen. "Erst wenn die Abstände eingehalten werden, kann die Demo loslaufen", teilte die Berliner Polizei auf Twitter mit.

Eine Auflage für die Demonstrationen ist unter anderem die Wahrung von Abständen. Zunächst hieß es von der Polizei, dass es keine Auflagen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gebe. Nachdem die Teilnehmenden jedoch "mehrfach vergeblich aufgefordert" seien, die Abstände einzuhalten, werde nun vom Einsatzleiter das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ebenfalls zur Auflage gemacht, twitterte die Berliner Polizei. Eine Sprecherin sagte, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten und dann auch keine Masken getragen werden, wäre es "das letzte Mittel", den Demonstrationszug nicht starten zu lassen und die Versammlung aufzulösen.

Nach tagelangem Streit darum, ob die Demonstration überhaupt stattfinden darf, hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin sie in der Nacht zum Samstag zugelassen. Schon zu Beginn hatten Protestierende am Samstagmorgen "Tor auf" geschrien und "Wir sind das Volk" skandiert. Eine riesige Deutschlandflagge war auf dem Boden vor dem Brandenburger Tor ausgelegt. Zu sehen waren auch Fahnen im Stil der bei Rechtsextremisten beliebten Reichskriegsflagge. Auf anderen Transparenten wurde der Rücktritt der Bundesregierung gefordert sowie ein Ende der Schutzauflagen wegen der Corona-Pandemie.

Veranstalter der Initiative Querdenken 711 hatten zu der Kundgebung am Samstag aufgerufen und erwarteten rund 22.000 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor. Zuvor ist ein längerer Demonstrationszug durch Berlin-Mitte geplant.

Innensenator ruft zu gewaltfreien Demos auf

Berlins Innensenator Andreas Geisel rief Menschen, die an diesem Samstag gegen staatliche Corona-Auflagen in Berlin demonstrieren wollen, dazu auf, den Infektionsschutz nicht zu vernachlässigen. Geisel sagte: "Das Gericht gibt den Versammlungsteilnehmern damit eine zweite Chance, zu zeigen, dass sie sich an die Auflagen halten. Es liegt jetzt an den Demonstrierenden, das auch unter Beweis zu stellen." Bei den Protesten Anfang August sei "massiv und bewusst gegen die Infektionsschutzauflagen verstoßen" worden.

An der Pandemiesituation habe der Gerichtsbeschluss nichts geändert, sagt Geisel. "Ich erwarte deshalb von den Menschen, die in Berlin demonstrieren, dass sie alles für den Infektionsschutz tun. Und dass sie es friedlich tun." Große Sorge bereite ihm nach wie vor die europaweite Mobilisierung unter Rechtsextremisten, die unabhängig von der Verbotsdiskussion im Vorfeld stattgefunden habe. "Ich appelliere an alle, sich gewaltfrei in Berlin zu versammeln."

Gegendemos geplant

Die Polizei Berlin twitterte vor den Kundgebungen: "Wir werden selbstverständlich für einen umfassenden Schutz der Versammlungsfreiheit sorgen und auf die Einhaltung der Auflagen achten." Die Polizei stellt sich jedoch auf gewaltbereite Demonstrantinnen und Demonstranten ein. In den sozialen Netzwerken sei europaweit dazu aufgerufen worden, sich auch im Verbotsfall in Berlin zu versammeln, hatte Polizeivizepräsident Marco Langner erklärt. Dabei sei unverhohlen dazu aufgerufen worden, sich zu bewaffnen. "Diese offen formulierte Gewaltbereitschaft gegen den Staat stellt für uns eine neue Dimension dar." Der Polizei stehen nach eigenen Angaben rund 3.000 Einsatzkräfte zur Verfügung.  

Der Berliner Senat hatte zunächst ein Verbot gegen die geplanten Kundgebungen verhängt. In einer Mitteilung begründete er dies damit, dass es "bei dem zu erwartenden Kreis der Teilnehmenden zu Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung kommen wird". Frühere Versammlungen am 1. August hätten gezeigt, dass sich die Teilnehmenden "bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen" hinweggesetzt hätten. Die Organisatoren der Demonstration legten Beschwerde ein, das Verwaltungsgericht Berlin erklärte das Verbot für ungültig. Die Polizei legte daraufhin Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Das entschied, dass der Demonstrationszug sowie die Kundgebung gegen die Corona-Politik am Samstag in Berlin stattfinden können.

In Berlin laufen parallel Gegendemos. Das Berliner Bündnis gegen Rechts rief zu einer Kundgebung am Bebelplatz auf.